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Regionalplan Düsseldorf: Urteilsbegründung zum umstrittenen Rohstoffgewinnungsverbot liegt vor

28.10.2013
Wie berichtet hält der 16. Senat des OVG Münster das Rohstoffgewinnungsverbot im Regionalplan Düsseldorf (51. Änderung) für wirksam [1]. Ausweislich der nunmehr vorliegenden schriftlichen Urteilsgründe [2] schließt er sich insoweit ausdrücklich der Rechtsprechung des 20. Senats aus dem Jahr 2009 an und ergänzt sie um eigene Erwägungen.

Diese Ergänzungen betreffen u. a. die jüngste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das den Träger der Regionalplanung – unter anderem – für verpflichtet hält, bei der Auswahl von Flächen für die Darstellung von Konzentrationszonen zwischen sogenannten harten und weichen Tabukriterien zu unterscheiden [3]. Der 16. Senat meint, der Regionalplan Düsseldorf genüge diesen Anforderungen, auch wenn der Plangeber nicht ausdrücklich zwischen „‚harten‘ und ‚weichen‘ Tabuzonen unterschieden“ habe (TA 77). Dies sei unschädlich, weil der Plangeber in Düsseldorf einzig „das Fehlen von Rohstoffen als hartes Tabukriterium und alle anderen Merkmale als weiche Kriterien gewertet“ habe (TA 81). So seien „FFH-Gebiete als sog. weiches Tabu gewertet“ worden. Das sei unbedenklich, weil „FFH-Gebiete für Abgrabungen durchweg nicht infrage kommen dürften, Ausnahmesituationen allerdings auch nicht auszuschließen seien“ (TA 82).

Diese Ausführungen dürften manche Kenner der Materie verwundert zur Kenntnis nehmen.

Für diejenigen Leser, die nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, dürfte sich ein Großteil der Urteilsgründe nicht vollständig erschließen. Der 16. Senat lehnt darin mehr als 30 Beweisanträge der Klägerin ab. Die Beweisthemen sind nur in Stichworten mitgeteilt.

Gerade die Behandlung der Beweisanträge gibt jedoch Veranlassung zur kritischen Betrachtung. So quittiert der 16. Senat beispielsweise den Beweisantrag zu der zentralen Frage, wie das erforderliche schlüssige gesamträumliche Planungskonzept gesamträumlich sein kann, wenn der Plangeber geeignete Flächen in einer Größenordnung von ca. 100 km² aus seiner Betrachtung ausblendet, mit der lapidaren – Bemerkung, dass „der Plangeber nicht sämtliche geeigneten Flächen für den Rohstoffabbau als solche ausweisen“ müsse (TA 98). Dem liegt die – abwegige – Unterstellung zugrunde, es sei die Ausweisung sämtlicher für den Rohstoffabbau geeigneter Flächen begehrt worden.

Dies und die weiteren Entscheidungsgründe ließen sich dahin zusammenfassen, dass es für den 16. Senat im Ergebnis wesentlich darauf ankommt, dass der Plangeber mengenmäßig nur irgendwie halbwegs genug Flächen für die Rohstoffgewinnung ausgewiesen hat. Vor diesem Hintergrund entzieht sich nun auch der 16. Senat der gerichtlichen Prüfung, ob den im Ergebnis ausgewiesenen Abgrabungs- und Sondierungsbereichen eine nachvollziehbare sachgerechte Auswahl zugrunde lag.

Ob die Entscheidungen des 16. und des 20. Senats mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte zur Regionalplanung in Einklang zu bringen sind oder Gefolgschaft verdienen, ist fraglich. Soweit ersichtlich hat das Urteil des 20. Senats aus dem Jahr 2009 in der Rechtsprechung anderer Obergerichte keinen entscheidenden Widerhall gefunden. Das dürfte auch daran liegen, dass auf etliche entstehungsbedingte Besonderheiten der Regionalplanung im Regierungsbezirk Düsseldorf einzugehen war. Das Konzentrationskonzept, das zunächst mehrfach an der Rechtsprechung des 20. Senats gescheitert war, erreichte erst nach mehreren Heilungsversuchen im Rahmen der – mit beispiellosem Aufwand betriebenen – 51. Änderung seinen heutigen Stand. Dass die Entscheidung auf diesen Einzelfall zugeschnitten ist, gelangt auch darin zum Ausdruck, dass der 20. Senat selber weitaus weniger angreifbar argumentiert hat, als er das Rohstoffgewinnungsverbot im Regionalplan Köln im Jahr 2012 für unwirksam erklärte [4].

Der Weg zu einer etwaigen Korrektur des jüngsten Urteils zum Regionalplan Düsseldorf dürfte aber steinig sein: Da der 16. Senat die Revision nicht zugelassen hat, müsste sie erst erstritten werden. Es ist offen, ob das BVerwG ein solches Begehren – wie im Fall der Entscheidung des 20. Senats [5] – erneut ablehnen würde.

 

[1] Siehe Beitrag vom27.09.2013.
[2] OVG Münster, Urteile vom 26.09.2013, Az.:16 A 1294/08, , im Folgenden zitiert nach Textabsatz (TA), sowie Az.:16 A 1295/08und und Az.:16 A 1296/08..
[3] BVerwG, Urteil vom 11.04.2013, Az.:4 CN 2.12; Planungspraxis und Rechtsprechung sprechen von Tabus, wenn es darum geht, die Flächen zu ermitteln, auf denen eine bestimmte Nutzung aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen nicht verwirklicht werden kann bzw. darf. Solche Flächen müssen im Auswahlverfahren für Konzentrationszonen nicht weiter berücksichtigt werden. „Harte“ Tabukriterien können z. B. (fach-) rechtliche Verbote oder tatsächliche Ausschlussgründe (z. B. besiedelte Flächen) sein. „Weiche“ Tabukriterien können z. B. zusätzliche Abstandsbereiche zur Wohnbebauung sein.
[4] OVG Münster, Urteil vom 08.05.2012, Az.:20 A 3779/06.
[5] BVerwG, Beschluss vom 18.01.2011, Az.: 7 B 19.10.

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